Montag, 22. Januar 2018

Ein bewusstes Universum?


Zwei renommierte Forscher aus den USA waren heute zu Gast in Root: Der brasilianische theoretische Physiker Marcelo Gleiser und der US-amerikanische Kognitionswissenschaftler Donald Hoffman hielten je einen faszinierenden Vortrag zum Thema Bewusstsein und Kosmos. Toll an diesem Anlass war, dass beide Referenten es hervorragend verstanden, schwierige Zusammenhänge auf unterhaltsame, spannende und sehr sympathische Art und Weise zu präsentieren.

Als erster Referent sprach Marcelo Gleiser davon, wie sich unser Weltbild vom geozentrischen über das heliozentrische zum "humanzentrischen" Weltbild änderte. Er sagte auch explizit, dass man heute immer noch keine Ahnung habe, wie das Leben entstanden sei und versuchte sich mit verschiedenen (wie er zu gab nur beschränkt befriedigenden) Definitionen des Lebens. Am besten gefiel ihm (und mir) noch die folgende (von Gleiser selber stammende) Definition: "Life is a self-reproducing imbalance". Gleiser zeigte auf, dass wir alle aus Sternenstaub aufgebaut sind und demzufolge als kosmische Wesen aufgefasst werden können. Für ihn stellt sich die grosse Frage, wie aus einfachem Leben komplexes Leben und daraus intelligentes Leben wird. Er zeigte, dass die Astrobiologie 4 Zeitalter der Entwicklung kennt:
a) das physikalische Zeitalter
b) das chemische Zeitalter
c) das biologische Zeitalter (hier tritt quasi um 23.55h der Mensch auf die Bühne)
d) das kognitive Zeitalter
Quintessenz für Gleiser: Die Zukunft liegt im Humanzentrismus: Alle Menschen müssen sich vereinigen, um GEMEINSAM den Planeten Erde zu schützen und zu bewahren. Nicht die Sonne steht im Zentrum des Weltbildes, sondern wir als relativ unbedeutende Spezies in einem unvorstellbar grossen, sich expandierenden Universum müssen einsehen, dass wir selber im Zentrum stehen, wenn es um die Frage geht, wie lange unser Planet noch existiert.

Auch das zweite Referat war hervorragend: Hoffman zeigte klar auf, dass es zwar Korrelationen zwischen Gehirnaktivität und Bewusstsein gibt, doch dass wir deshalb noch lange keine Ahnung haben, WAS Bewusstsein ist und WIE das Gehirn Bewusstsein hervorruft. Seine grosse Frage: "Gibt es eine Realität ausserhalb des Bewusstseins?". Anhand vieler optischer Täuschungen zeigte Hoffman, dass wir die Realität nicht abbilden, sondern neu erstellen (recreate). Anhand von Rechnungsmodellen konnte Hoffman und sein Team zeigen, dass die Evolution nicht die beste Wahrnehmung, sondern die beste Fitness bevorzugt (Darwins "survival of the fittest" sei gegrüsst). Hoffman formuliert als Folge sein "Fitness-Beats-Truth-Theorem" (http://cogsci.uci.edu/~ddhoff/FBT-7-30-17) und folgert daraus, dass unsere Wahrnehmung nicht dafür da ist, die Realität (oder auch Wahrheit, "truth") zu sehen, sondern lediglich das darüber liegende "Interface". Anhand solcher für uns wahrnehmbaren Schnittstellen konstruieren wir unsere Realität, der jedoch eine viel komplexere und für uns nicht erfassbare Wirklichkeit zugrunde liegt (mir kommt da Platons Höhlengleichnis in den Sinn). Gemäss Hoffman werden wir die Realität, so wie sie wirklich ist, niemals erfassen können. Gemäss seinen Forschungen gibt es keinen evolutiven Druck, um die objektive Realität zu erkennen - die Kenntnis der Schnittstelle (Interface) genügt völlig!

Anschliessend an die Referate folge ein Gespräch mit den beiden Referenten und René Stettler, dem Organisator des Events. An diesem Gespräch gab es für mich v.a. zwei erwähnenswerte Punkte:

Unsere Gehirne in den letzten 20'000 Jahren um rund 10% geschrumpft! Forschungen zeigen, dass Gesellschaften mit guten Sozialsystemen Menschen mit kleineren Gehirnen hervorbringen. Was ich wusste, war, dass der Neanderthaler ein grösseres Gehirn hatte als der moderne Mensch. Es gibt auch evolutive Erklärungsmodelle, die das Aussterben des Neanderthalers damit erklären, dass durch seinen grossen Schädel die Sterblichkeitsrate bei Geburten sehr viel höher war als beim "kleiner-köpfigen" homo sapiens sapiens....

Gleiser ist davon überzeugt, dass in Zukunft Mensch und Maschine je länger je mehr zusammen wachsen (das Smartphone ist ja schon jetzt quasi ein Teil von uns....): Mit dem Smartphone sind wir omnipräsent (wir kommunizieren global und ohne zeitliche Limiten) und auch allwissend ("google weiss [fast] alles").

Ganz besonders spannend wurde es für mich aber beim anschliessenden Apéro: Ich hatte die Gelegenheit, ein persönliches Gespräch mit Prof. Hoffman zu führen. Er bestätigte meine Idee, dass letztlich alles (= die objektive Realität?) Energie ist, die in unterschiedlichen Frequenzen schwingt. Durch Resonanzen entstehen vielleicht sogar diese Schnittstellen, die uns dann weitere Interaktionen und somit das Leben ermöglichen. Hoffman hat mir auch bestätigt, dass er Rupert Sheldrake und seine Theorie der morphogenetischen Felder sehr genau kenne (Sheldrake sei ein sehr intuitiver Forscher und guter Kollege von ihm aber grottenschlecht in Mathematik, weshalb er nie ein schlaues Modell für seine Feldtheorie kriegen würde...Scheinbar haben die beiden schon in Workshops zusammen gearbeitet.). Auf meinen Einwand, dass er dies ja tun könne, grinste er nur und bestätigte, dass es ja vielleicht wirklich möglich sei, dass er an den Feldern rechne, die Sheldrake postuliere.


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