Freitag, 16. Februar 2024

Selbstheilkraft - wie aus Bewusstsein Realität wird

 Klaus Medicus nennt sich Experte für Selbst-Heilungskraft, hat Rechtswissenschaft und Philosophie studiert und mit zwei juristischen Staatsexamen in München abgeschlossen. Er hat also keinen medizinischen Hintergrund, wie das sein Name implizieren könnte, sondern hat aus eigenen Erfahrungen eine "Quanten-Intelligenz"-Methode entwickelt, mittels welcher die Selbstheilungskräfte aktiviert werden können. In seinem Buch Selbstheilkraft erklärt er auf sehr gut verständliche Art und Weise, welche Rolle unser Bewusstsein beim Kreieren unserer eigenen Realität spielt. Wissenschaftliche Erklärungen, Verweise auf Studien oder verwendete Literatur fehlen weitgehend: Es gibt ein 22 Bücher umfassendes Literaturverzeichnis sowie 15 ausgewiesene Quellen, was für ein Buch von 280 Seiten eher bescheiden ist. Nichts desto trotz ist das Buch lesenswert, weil es nebst konkreten Beispielen aus seiner Coaching-Tätigkeit auch direkt umsetzbare Übungen und ausformulierte Meditationen enthält. 

Auch Medicus macht den Leser:innen klar, dass es unser Gehirn ist, welches dafür verantwortlich ist, wie wir die Welt erleben: "Unsere Vorstellung von der Welt, in der wir leben, ist abhängig von den Konstrukten und Modellen, an die wir glauben." (S. 35) Dabei ist es wichtig, sich bewusst zu sein, dass wir die grosse Menge dessen, was unser Gehirn wahrnimmt, gar nicht erst in unser Bewusstsein vordringt: "Datenmenge und Verarbeitungsgeschwindigkeit von Informationen liegen im menschlichen Gehirn bei bis zu 20 Millionen Umweltreizen pro Sekunde. Doch mit unserem bewussten Denken können wir lediglich etwa 40 äussere Reize pro Sekunde wahrnehmen. [...] Die Daten sind da, auf gewohntem Wege jedoch nicht abrufbar. [...] Statt unsere Umwelt mühsam zu verändern, liegt der viel effizientere Weg darin, unsere Wahrnehmung von der Umwelt zu verändern..." (S. 37-39). Dafür ist es gemäss Medicus essientiell, einen Raum der "inneren Wahrnehmung" zu kreieren, in welchem die Haltung von Gleichmut und emotionsloser Wahrnehmung ohne Bewertung herrscht, damit sich die Wahrnehmung unserer inneren Wirklichkeiten verändern kann. Es geht also Medicus nicht darum, den Schmerz zu vermeiden, sondern das negative Gefühl einfach wahrzunehmen und ihm dadurch seine Kraft und sein "Drama" zu nehmen: "Um das Potential unserer Selbst-Heilkraft zu erleben, braucht es ein bedingungsloses Annehmen von dem, was ist.  [...] Es gibt nichts zu helfen, und es gibt keine negativen Gefühle, sondern nur Information, die so ist, wie sie ist. Das ist die Grundlage der Transformation. " (S. 45)

Mein Lieblingskapitel trägt die Überschrift "Detox beginnt im Kopf" (S. 46 ff): "Wer erschafft in unseren 70 Billionen Zellen und über 80.000 Quadrillionen von Atomen (das sind rund 10hoch28) die Wirklichkeit und bewirkt diese Wirklichkeit, dass wir unseren Alltag nur gefüllt oder er-füllt erleben? Es gibt niemanden, der mir ein Gefühl oder einen Gedanken machen kann. Menschen, Geschichten oder Medien können mich einladen, Gedanken zu denken und Gefühle zu empfinden. Doch ist es ausschliesslich eine Frage des Bewusstseins, diese empfohlenen Gedanken und Empfindungen wahrzunehmen. [...] Denken hat oft eine toxische Wirkung auf unser Wohlbefinden, auf die Gesundheit unserer Zellen und unsere Freude. Wir tun unseren Zellen nichts Gutes, wenn wir mit toxischem Geist Energie und Materie erschaffen. Doch um dies zu verändern, brauchen wir ein Bewusstsein unserer inneren Überzeugungen. [..] Bewertungen werden vom bewussten Verstand erschaffen. Auch Diagnosen sind Bewertungen - unabhängig davon, ob sie richtig oder falsch sind. Bewertungen können wir nur glauben, wir können sie nicht wahrnehmen."

Er spricht mir aus dem Herzen, wenn er schreibt: "Seit vielen Jahrhunderten wird uns vermittelt, dass die Erlösung von aussen kommt, denn nur so bleiben Menschen in der Abhängigkeit von Experten - es es im gesundheitlichen, religiösen oder gesellschaftspolitischen Bereich. Dementsprechend tun wir ganz viel, um das richtige Ambiente des Lebens zu erschaffen. Doch statt den Fokus unseres Bewusstseins auf die innere Lebendigkeit unserer rund 10hoch28 Atome zu richten, fokussieren wir das Ambiente unseres Lebens. [...]Das Erlebte existiert nirgends, ausser als geistiges Feld in uns.[...] In unserem Zellsystem, insbesondere in unserem Gehirn, wandeln wir permanent Geist in Energie und Materie um."

Medicus definiert 3 Grundannahmen, die bei (fast) allen Heilmethoden zu finden sind:

1. Es existiert mind. 1 Symptom, das man loswerden will
2. es gibt einen Experten (Heiler, Arzt) und einen Leidenden (Patient)
3. im Fokus steht die Beseitigung des störenden Symptoms

Laut Medicus braucht es aber für die Aktivierung der Selbstheilkräfte nur beobachtendes Bewusstsein, Achtsamkeit und Gewahrsam: "Es braucht Erdung und ein wirkliches Ankommen im Zellsystem, auf der Schwingungsebene unseres Seins, um uns aus denn Konstrukten des denkenden Verstands zu verabschieden. [..] Alle Veränderungen wahrnehmbarer Wirklichkeiten, sei es auf der Ebene körperlicher Materie oder innerer psychischer Zustände, beginnen im Bewusstsein, kund die Quintessenz hierfür liegt in einem tiefen Zustand der Entspannung - denn nur in dieser Frequenz ist unser Zellsystem programmierbar. [...] Der erste Schritt ist, Beobachter zu sein, der zweite Schritt liegt im Bewusstsein, die Schöpferkraft aller Gedanken und Gefühle zu sein. [...] Auf der Quantenebene unserer Gedanken, Gefühle, Emotionen und Empfindungen erschafft Bewusstsein die erlebte Wirklichkeit. Unser Fokus des Bewusstseins erschafft die wahrnehmbare Wirklichkeit im Jetzt. [...] Es geht nicht um das, was war, sondern ausschliesslich darum, welchen ladungszustand das Bild im Jetzt hat. Verändert sich der Ladungszustand des Bilds, verändern sich die elektrischen Impulse und die biochemischen Prozesse im Zellsystem. [...] Sobald wir uns erlauben, in unserem Gehirn neue Wege einzuschlagen und wirkliche Stille zu erleben, können wir beobachten, wie sich in uns viel verändert."

Medicus beschreibt ab. S. 112 sehr einfach, dass Emotionen ein biochemisches Feedback aus der Verarbeitung vergangener Erfahrungen auf Zellebene sind und formuliert den starken Satz: "Die Vergangenheit existiert nicht, ausser wir erschaffen sie uns im Gehirn selbst."  Er führt dann aus, wie wir mit unseren Gedanken ein elektromagnetisches Feld erschaffen, welches einen hohen Beitrag dazu leistet, wie gut unsere Zellen funktionieren können: "Solange wir an unseren erlebten inneren Wirklichkeiten nichts verändern, erschaffen wir über die Information immer gleicher Überzeugungen jeden Tag die gleiche Energie, und unsere Zellen bleiben im angestammten elektromagnetischen Feld."

Der Schlüssel zum Erfolg liegt also darin, sich dieses Teufelskreises bewusst zu werden und durch fokussierte Aufmerksamkeit zuerst einfach Beobachter der Projektionen zu sein, um danach aus der absichtslosen Leere positive Gefühle entstehen zu lassen. Da dies jedoch nicht "einfach so" geht, gibt's noch einen kurzen Abstecher in die verschiedenen Frequenzbereiche der Gehirnwellen mit der Aufforderung, möglichst den Bereich der Beta-Wellen zu verlassen, denn in diesem Spektrum liegt der Schwerpunkt unserer Gehirnaktivität in der Wahrnehmung der Aussenwelt.

Ab S. 211 gibt's dann verschiedene praktische Anleitungen und auch ausformulierte Meditationen, mittels welcher man sich auf die Reise zu diesem "absichtslosen Beobachten" machen kann, um aus dem Quantenmeer der potentiellen Möglichkeiten zu schöpfen. 

Sonntag, 26. November 2023

Muskeln - die Gesundmacher


Prof. Dr. Ingo Froböse beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Themen Sport, Ernährung und Gesundheit, ist er doch Professor für Prävention und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Dass er selber früher Leistungssportler war, macht das, was er schreibt noch autentischer, und so habe ich mir mit viel Interesse die Inhalte seinen Spiegel-Bestseller Muskeln - die Gesundmacher zu Gemüte geführt. Nach mir bekannten Inhalten über Aufbau und Funktionsweise der Muskulatur habe ich zur Kenntnis genommen, dass nebst der Hypertrophie (also der Muskelzunahme durch "Grösserwerden" einzelner Muskelzellen) auch die Hyperplasie (Muskelzunahme durch vermehrte Zellteilung) diskutiert wird. Dieser Mechanismus kommt allerdings anscheinend erst dann zum Zuge, wenn Muskelzellen so stark belastet werden, dass Mikroverletzungen des Muskelgewebes auftreten. Ist dies der Fall, werden Satellitenzellen aktiviert, welche in die Muskelfasern einwandern und miteinander, aber auch mit den Muskelfasern selber verschmelzen. Obwohl dieser Mechanismus erst bei Tieren nachgewiesen wurde, könnte er gemäss Froböse auch bei Menschen eine Rolle spielen. 

Etwas frustierend war es zu lesen, dass ab dem 30. Lebensjahr zwischen 0.3 und 1.3 Prozent unserer Muskelmasse in Fett umgewandelt wird. Mit 80 werden wir demnach zwischen dreissig und fünfzig Prozent unserer Muskeln verloren haben. Doch immerhin: Diesem Prozess können wir durch regelmässiges Training und Gebrauch unserer Muskulatur entgegenwirken: use it or lose it!

Was mir neu war, ist die im Buch beschriebene Tatsache, dass sich leistungsfähige Muskelzellen bei langanhaltendem Stress in passives Bindegewebe verwandeln. Da dieses schlechter durchblutet ist, sammeln sich in den Muskelzellen toxische Stoffwechselprodukte an, was die Anspannung der betroffenen Muskelzellen erhöht. Dies zeigt eindrücklich, dass unsere Muskeln nicht nur "Kraftmaschinen", sondern auch feinfühlige "Emotionsrezeptoren" sind. 

Wirklich toll fand ich die Ergebnisse der Dänin Bente Klarlund Pedersen, welche 2007 im Rahmen einer Studie herausfand, dass Muskelaktivität zur Zunahme von hormonähnlichen Substanzen im Blut führt, welche sie als Myokine bezeichnet. Dies bedeutet also, dass Muskeln im Grunde auch zum endokrinen System zählen: Bei Belastung produzieren sie Myokine und geben diese direkt an das Blut ab! Anscheinend kennt man bereits über 600 dieser Stoffe, welche das Immunsystem und die Blutgefässe stärken sowie den Stoffwechsel unterstützen. Myokine sind quasi unsere eigene Apotheke, welche das Risiko für ernsthafte Krankheiten vermindern (z.B. Diabetes, Parkinson oder Osteoporose). 

Weil ich das Thema so spannend fand, habe ich im Internet ein wenig weiter recherchiert und bin dabei auf eine gute Zusammenfassung beim Norddeutschen Rundfunk gestossen. 

Mittwoch, 15. November 2023

Daumen-Yoga für das Gehirn

Zufällig habe ich dieses kleine Büchlein von Yoshiya Hasegawa entdeckt. Der Untertitel "Einfache Fingerübungen gegen Vergesslichkeit, Demenz und Alzheimer" hat mich neugierig gemacht und als ich gelesen habe, dass Hasegawa einer der führenden Neurologen Japans ist, war es für mich klar, dass ich das lesen musste! 

Hasegawa beschreibt sehr einfach und gut lesbar die Zusammenhänge zwischen der Aktivierung des Daumens und der Aktivierung der motorischen sowie der somatosensorischen Cortex in unserer Grosshirnrinde. Die Homunculus-Puppe fehlt ebenso wenig (S. 34/35) wie Bilder zu einfachen Fingerübungen, die man unauffällig täglich machen kann. Dabei erklärt Hasegawa drei Grundübungen (Daumen im ersten Daumengelenk biegen, Daumen am Grundgelenk gegen die Handflächen bewegen, mit Daumenspitze abwechselnd auf alle andern Fingerspitzen klopfen) sowie sechs weitere Aktivierungsübungen für den Daumen und somit auch fürs Gehirn. 

Weiter gibt es viele Tips, wie man in der Alltagsgestaltung durch bewusste Daumenstimulation sein Gehirn zusätzlich verjüngen kann. 

Interessant finde ich den von Hasegawa angeführten Aspekt, dass die Spezies Mensch vermutlich auch deshalb evolutiv so erfolgreich ist, weil sie einen so präzise bewegbaren Daumen entwickelt hat, welcher im Gebrauch immer mehr "komplizierte" Tätigkeiten (z.B. Entwicklung und Gebrauch von feinsten Werkzeugen) ermöglichte, was wiederum die Grosshirnrinde weiter aktivierte. Hasegawa geht sogar soweit zu schreiben, dass Finger das zweite Gehirn seien: "Indem man die Finger aktiv bewegt, wird das Gehirn dazu angeregt, diese Informationen zu erfassen, und dadurch wird es aktiviert. [...] Durch die Bewegung der Finger werden gleichzeitig die Durchblutung und die allgemeine Aktivität des Gehirns verbessert." (S. 37-38)

Etwas weiter hinten im Buch zeigt er dann auf, dass wir durch unsere "bequeme" Lebensweise diesen evolutiven Vorteil je länger je mehr verspielen: Wir brauchen im Alltag unsere Daumen je länger je weniger, weil wir sie oft nur noch zum Tastatur-Tippen einsetzen und anderes Handwerk (z.B. mit den Händen in der Erde graben, Werkzeuge selber herstellen und brauchen, Handarbeiten usw.) je länger je mehr delegieren. Neue Erfindungen wie Putzroboter und Smartphones unterstützen diese Entwicklung zusätzlich. Am Beispiel des Telefons beschreibt er dies sehr schön: "In meiner Kindheit nahm ich den Hörer des schwarzen Telefons am Eingang ab, drehte die Wählscheibe und meldete mich. Damals war es üblich, Telefonnummern in ein Notizheft einzutragen und sich ein paar wichtige Nummern einzuprägen [..] Aber wie ist es heute? Anrufe mache ich zu fast hundert Prozent mit dem Mobiltelefon. Da ist auch keine Wählscheibe mehr, die ich mit den Fingern drehen muss, und ich muss auch keine Knöpfe mehr drücken. [...] Obwohl ich dabei den Daumen verwende, ist die Zeit, in der ich überlege, was zu tun ist, und das Gerät in die Hand nehme, äusserst kurz." (S. 99/100)

Daumenstimulation hat gemäss Hasegawa folgende Hauptwirkungen: Vorbeugung von Demenz, ein langes und gesundes Leben, Steigerung der Willenskraft und der Motivation, verschwinden von Ärger und Ungeduld, besseres Gedächtnis, guter Schlaf, sinkende Kälteempfindlichkeit, verbesserte motorische Funktion im Alltag, Stabilisierung des Blutdrucks. (S. 46-51). Hasegawa führt jeden dieser Punkte kurz aus, es fehlen jedoch wissenschaftliche Experimente, die den direkten Zusammenhangs zur Daumenstimulation aufzeigen.

Gemäss Hasegawa gibt es drei wichtige Gründe zur Verjüngung des Gehirns, welche jedoch nicht gross überraschen: 

1. neue Dinge ausprobieren, geniessen und dabei motiviert sein

2. das logische Denken trainieren und den eigenen Verstand benutzen

3. Stress reduzieren und das autonome Nervensystem ins Gleichgewicht bringen


Gegen Ende des Buches beschreibt Hasegawa auch noch elf Dinge die wir nicht tun sollten. Letztlich geht es bei allen Tips darum, dass man Dinge meiden sollte, die "bequem" für unser Gehirn sind, es aber eben nicht stimulieren. 

Dienstag, 27. September 2022

Jeder von uns ist ein Heiler


Grundsätzlich erscheint mir dieses Buch nicht sehr wissenschaftlich, da Schütz für viele Behauptungen keine Quelle angibt. Obwohl es einige Aussagen enthält, die in meinen Augen nicht ganz richtig sind, ist es durchaus lesenswert und beinhaltet nebst ein paar fragwürdigen Dingen auch gute Aspekte.

Schütz mixt in seinem Buch verschiedene Methoden und Rituale und zeigt auf, dass Heilung letztendlich zu einem grossen Teil Bewusstseins-Arbeit ist: "Man weiß heute, dass Krankheiten Bewusstseinsfelder haben, und Namen von Krankheiten, die man ausspricht, über das dahinter stehende Bewusstseinsfeld auf uns einwirken." Weiter vertritt Schütz die Meinung, dass "jeder Mensch beim Denken Schwingungen aussendet. Jedes Gefühl übt einen Einfluss aus. Wenn wir mit genügend Lebenskraft geladen sind, nehmen wir gute Gedanken an und weisen die schlechten leichter zurück." 

In seinem Buch vertritt er auch die Haltung, dass jede/r Schöpfer/in der eigenen Krankheiten ist - eine Idee, die ich gefährlich finde und die den Kranken unberechtigterweise zum Schuldigen macht: In meinen Augen entstehen Krankheiten aus einem komplexen Zusammenspiel zwischen (un-)bewussten Gedanken, Emotionen und Lebensumständen. Laut Schütz entsteht Krankheit im Geist, welcher Gedanken und Emotionen produziert, die den Energiefluss blockieren. Ergo setzt Heilung auch dort an und Schütz beschreibt die verschiedenen Energieschichten des Menschen und führt aus, dass diese über die 7 Chakren wieder mit neuer Lebensenergie aufgefüllt werden. Nebst der 2-Punkt-Methode (Quantenheilung) beschreibt Schütz auch das hawaianische Vergebungsritual Ho'oponopono. So bietet das Buch einen guten Überblick über die gängigen Praxisanleitungen im esoterischen Heilungsbereich. 

Am Schluss des Buches zitiert er noch Paramahansa Jogananda (1893 - 1952) einer der größten Weisheitslehrer aus Indien: "Erst wenn das Unterbewusstsein, das innere Überbewusstsein und das äußere Bewusstsein überzeugt sind, wird die Heilpflanze des Lebens erblühen". Mit diesem Zitat am Ende des Buches schafft der Autor eine clevere "Ausrede", wenn's mit den beschriebenen Heil- Methoden nicht klappen sollte (dann waren halt die verschiedenen Bewusstseinsebenen nicht überzeugt)….


Samstag, 30. Januar 2021

Körperspuren


Der Osteopath Bernhard Voss hat über 25 Jahre Erfahrung in Körpertherapie und führt in seinem faszinierenden, sehr gut verständlichen Buch schulmedizinische, osteopathische und psychologische Sichtweisen in einem ganzheitlichen Ansatz zusammen. Im ersten Teil des Buches erklärt Voss in 6 Kapiteln die Kraft der Psyche und zeigt im zweiten Teil die Macht der Organe in weiteren 8 Kapiteln auf. 

Bereits in der Einleitung schreibt Voss seine erste These: Die Psyche unterliegt ähnlichen anatomischen Gesetzmässigkeiten wie unser Körper und wird somit als eigenständiges Organ betrachtet. Seine zweite These lautet: "dass Zivilisationskrankheiten wie Rückenschmerzen, Tinnitus, Migräne etc. in der Gesellschaft zwar kollektiv zunehmen, aber nur individuell verstanden und gelöst werden können." Im Laufe des Buches zeigt Voss immer wieder auf, dass ein Symptom immer mit verschiedenen Organspannungen zusammenhängt, deren emotionale Ursachen jedoch in völlig individuellen Patientengeschichten zu suchen sind. Ein Symptom hat also viele verschiedene Geschichten...

Voss erklärt, dass es die Betrachtung von vier Aspekten (Voss nennt diese Fenster) nach Ken Wilber braucht, um die Entstehung von Symptomen und Erkrankungen zu verstehen: "Erst die Synthese der vier Fenster erklärt schlüssig, wie Symptome und Erkrankungen entstehen. Neben der wissenschaftlichen Sicht berücksichtigen die drei anderen Fenster die individuelle Geschichte des Patienten, seine Beziehungen und sein gesellschaftliches Umfeld. Alle vier Fenster stehen gleichberechtigt nebeneinander und beeinflussen sich gegenseitig. Das subjektive Empfinden eines Patienten ist in diesem integralen Medizinbild genauso wertvoll wie die Analyse von Blutwerten oder sein Beziehungsstatus." [S. 8]

Das "ICH-Fenster" (intrapersonal, individuell) ist zutiefst subjektiv und beschreibt alle individuellen Wahrnehmungen, Vorlieben und inneren Haltungen. In diesem Fenster ist alles zumindest subjektiv wahr. Es dreht sich dabei vor allem um den emotionalen Zustand zum Zeitpunkt des ersten Auftretens der Symptome. 

Das "DU-Fenster" (interpersonal) beschreibt die unterbewussten Glaubenssätze und Ansichten, mit welchen wir uns identifizieren. Hier sind vor allem Prägungen der Eltern vorherrschend, und symptome werden als reinszenierte kindliche Beziehungskonflikte beschrieben. 

"Folgt man dem empirischen Wissen der humanistischen Therapieformen erklären früh erlernte Verhaltensmuster und Glaubenssätze spätere Erkrankungen. Dementsprechend gilt im Beziehungsquadranten: Kontakt hilft heilen. Das Ich-Fenster hingegen propagiert: Selbstwahrnehmung heilt. Beides ist wahr." [S. 22]

Das "ES-Fenster" (extrapersonal, wissenschaftlich) blickt auf alle messbaren physiologischen Bedinungen und Parameter (z.B. Blutwerte, Rötngenbilder, EEG, EKG usw.). Physiologische Erkrankungen haben physiologische Ursachen. Die Akut- und Notfallmedizin behandelt diese mit physischen Eingriffen, Operationen oder Medikamenten. Auch dieser Aspekt ist wichtig und richtig.  Gemäss Voss ist der Blick durch das wissenschaftliche Fenster monologisch, weil eine Diskussion mit Blutwerten oder CT-Bildern wenig hilfreich ist. 

Das "SIE-Fenster" (transpersonal, systemisch) betrachtet die sozialen Rahmenbedinungen, in denen wir gross geworden sind und den soziokulturellen Kontext, in dem wir uns bewegen. Das "Es-Fenster" prägt unsere inneren Haltungen ("ICH-Fenster") sowie unsere Beziehungsmuster ("DU-Fenster").

"Alle vier Fenster der Wahrheit sind, ganz gleich ob wir sie wahrnehmen oder nicht, ständig in uns aktiv und formen unser Selbstverständnis genauso wie unsere Körperspannungen. [...] Ein wirklich umfassendes Verständnis von Erkrankungen berücksichtigt alle Fenster der Medizin gleichermaßen. Jede der vier Sichtweisen ist für sich genommen wahr, aber eben nicht nur wahr. Ein integrales Verständnis von Symptomen und deren Heilung umfasst immer das individuelle Erleben des Patienten (Ich), seine möglicherweise traumatisch erlebten Kontaktunterbrechungen (Du), seine Familiengeschichte (Sie) und die daraus resultierenden, messbaren körperlichen Auswirkungen (Es)." [S. 26 ff]

Voss beschreibt in den nachfolgenden Kapiteln die Macht der Psyche. Die Anatomie des Ego fasst er wie folgt zusammen: 

Die Anatomie des Ego beschreibt analog zur medizinische Anatomie den psychischen Apparat, dessen Gesetzmäßigkeit für alle Menschen gleichermaßen gelten. 

• Die Persona ist dabei die bewusste Oberfläche, der Schatten die verdrängte Tiefe der Psyche. 

• Persona und Schatten bilden gemeinsam das Ego und dienen dabei als Schutzmantel des Selbst, des Wesenskerns des Menschen. 

• Verdrängte Schattenaspekte resultieren in Angst vor Schuld • Verdrängte Selbstaspekte resultieren in Angst vor Freiheit. [S. 54]

Voss beschreibt den Zusammenhang zwischen den Emotionen (Wut und Trauer) und Instinkten (Aggression und Sexualität), welche uns das Überleben sichern. Als verdrängte, nicht integrierte Impulse können sie zu Verspannungen von Geweben führen und Symptome auslösen. Er führt auch aus, dass blitzschnelle Resonanzmechanismen auch noch heute unser Überleben sichern, uns krank machen aber auch heilen können. "Dabei funktioniert Resonanz auf allen Ebenen unseres Bewusstseins. Intrapersonal können wir uns selbst, interpersonal unser Gegenüber und transpersonal unsere Umgebung wahrnehmen."[S. 110]. Für diese beiden Resonanzformen beschreibt Voss verschiedene Beispiele und zeigt Übungen zu deren Wahrnehmung/Bewusstwerdung auf. Er fasst seine Ausführungen wie folgt zusammen: 

Ohne Resonanz keine Heilung. 

• Resonanz auf allen Ebenen ist das therapeutische Universalwerkzeug. Resonanz ermächtigt Patienten, die Ursache ihrer Symptome zu verstehen und selbstständig ihren Heilungsprozess zu beeinflussen. 

• Unsicherheit, subtile Scham und Schuldgefühle sind dabei zu Anfang unvermeidbar. Früher oder später führt Resonanz immer zu den emotionalen (Wut, Trauer) oder instinktiven (Aggression, Sexualität) Krankheitsursachen. Resonanz macht verdrängte Impulse durchsichtig und transformierbar.

Voss Buch ist auch voller praktischer Übungen und Beispielen aus seinem Praxis-Alltag. Es gibt auch viele anschauliche Grafiken und Bilder, welche die Zusammenhänge zwischen Emotionen, Organspannungen und Symptomen aufzeigen. So lässt uns Voss durch die verschiedenen Fenster der Entstehung von Krankheiten und Symptomen blicken und durch gezielte Resonanzübungen die dahinter liegenden Auslöser von Emotionen und Instinkten erkennen. 

Es ist sehr spannend, von Voss grosser therapeutischen Erfahrung zu lesen und seine Erkenntnisse über die faszinierenden Zusammenhänge zwischen Psyche und Körperspannungen sowie Symptomen im eigenen Körper zu erforschen. Voss selber ermuntert den Leser dazu mit den Worten: "Das kann etwas beunruhigend sein. Resonanz braucht Mut. Der Blick in den Schatten ist anfangs immer von Furcht begleitet. Falls Sie also während der Übung ein körperliches Unwohlsein oder eine subtil aufkommende Angst spüren, entspannen Sie sich. Angst und vegetative Körperreaktionen sind erprobte Wegweiser, die Ihnen durch ihre Anwesenheit gerade bestätigen, dass Sie auf der richtigen Spur sind. Lassen Sie sich also nicht beirren. Resonanz hat einen Preis. Bleiben Sie mutig und forschen Sie weiter. Die Lösung liegt wahrscheinlich direkt vor Ihrer Nase." [S. 115]

Sonntag, 27. September 2020

 Freund oder Feind?

Die Journalistin Jackson Nakazawa hat bereits mehrere Bücher zum Thema Neurowissenschaft, Immunologie und Emotionen geschrieben. Auch ihr neuestes Werk von 2020 behandelt diese spannende Thematik. Unter dem Titel "Freund oder Feind - Das Doppelleben der Mikroglia in unserem Gehirn" ist ein spannendes Sachbuch erschienen, welches die kleinen Gliazellen in ein ganz neues Licht rückt. 

Nakazawa beschreibt, dass die Mikrogliazellen keine Nerven-, sondern Immunzellen sind, die in einem sehr frühen Embryonalstadium vom Blut ins Gehirn eingewandert sind: "Mikroglia entwickeln sich aus derselben Stammzellfamilie, aus der auch die weissen Blutkörperchen und Lymphozyten des Immunsystems entstehen. Anstatt jedoch wie die weissen Blutkörperchen im Körper zu verharren, wandern die Mikroglia am neunten Tag der Empfängnis über das Blut ins Gehirn. Und dort nisten sie sich ein und bleiben ein Leben lang. [...] Mikroglia sind eigentlich gar keine Gliazellen. Sie sind keine Nervenzellen, sondern Immunzellen." (S. 32)

Diese Mikrogliazellen unterstützen die Neurone des Gehirns - ausser, das Immunsystem schlägt Alarm: Dann werden die gleichen Zellen zu unerbittlichen Feinden unserer Neurone und kappen deren Verbindungen (=Synapsen): "Chronischer Stress wird damit zu einem weiteren Umweltfaktor, der die Mikroglia Amok laufen und sie wie von Sinnen die Synapsen stutzen lässt, wobei auch wichtige neuronale Verbindungen verloren gehen." (S. 76)  [...]"Die Gliaforschung besagt, dass Entzündungsgeschehen und Krankheit sich mitunter gar nicht im Körper, sondern nur im Gehirn niederschlagen. [...] Winzige Mikroglia umschliessen und zerstören Synapsen, und das ist der Katalysator für Hunderte verschiedener Störungsbilder und Erkrankungen, die für Psychiatrie und Neurologie lange undurchschaubar blieben. [...] Wenn das Immunsystem überlastet ist, manifestiert sich dies bei manchen Menschen im Gehirn, bei anderen im Körper." (S. 78/79)

Neben dieser doch recht revolutionären Erkenntnis kommt gleich noch ein weiterer Dogmenbruch auf Seite 87: Der Nachweis, dass das Gehirn über die Lymphgefässe der Hirnhäute mit dem Immunsystem verbunden ist, wurde inzwischen erbracht! "Jahrhundertelang haben medizinische Lehrbücher erklärt, dass solche Lymphgefässe anatomisch betrachtet nicht im Gehirn existieren können. Dass es im Gehirn keine Lymphgefässe gäbe, galt als Beleg dafür, dass das Immunsystem des Körpers im Gehirn nichts zu melden hätte."  Wie jede Aussage belegt Nakazawa auch diese Erkenntnis mit entsprechenden Literaturhinweisen: Alle 16 Kapitel enthalten je zwischen 7 und 53 (!) Anmerkungen und Quellen, welche auf knapp 40 Seiten zuhinterst im Buch aufgeführt sind.

Nach der Lektüre des ersten Drittels des Buches hat der Leser also folgende Erkenntniss gewonnen: "Das Gehirn ist nicht nur ein unglaublich empfindliches Immunorgan voller winziger, mitunter hyperaktiver Immunzellen, die sogar die Gesundheit von Synapsen beeinflussen, sondern steht auch physisch in konstantem Dialog mit dem restlichen Immunsystem" (S. 91) Daraus folgt, dass alles, was den Körper krank macht, leicht das Immunsystem des Gehirns beeinflussen und auch dort Krankheiten auslösen kann!

Neuropsychiatrische Störungen entstehen demnach aufgrund gestörter Interaktionen zwischen Neuronen und Mikroglia-Zellen, welche Synapsen "fressen" und Entzündungen (sog. Neuroinflammationen) auslösen. Dieser Prozess spielt eine signifikante Rolle bei den stark ansteigenden Zahlen an psychiatrischen Erkrankungen und neurologischen Störungen (S. 121) "Zum Beispiel wissen wir, dass bei Fibromyalgie hyperaktive Mikroglia viel zu viel giftigen Tumornekrosefaktor (TNF) bilden, was die Symtome verschlimmert. Das gilt auch für chronische Schmerzen allgemein. Neuroinflammation und hypersensible Mikroglia scheinen zu den gemeinsamen Nennern solcher Erkrankungen zu gehören." (S. 268)

"Jüngste Studien zeigen, dass die Mikroglia beim Auslösen unkontrollierter Entzündungen einen bestimmten Neuronentyp im Hippocampus zerstören, der unter normalen Umständen ausgesprochen regenerationsfreudig ist. [...] Beruhigt man die Mikroglia jedoch wieder, wachsen diese Neuronen aufgrund ihrer natürlichen Regenerationsfreudigkeit wieder nach. [..] Die Mikrogliazellen versorgen die Neuronen nun mit der jeweils passenden Menge an Nährstoffen und Wachstumsfaktoren, damit sie wachsen, stabil bleiben, feuern und die richtigen Botschaften durch das Gehirn senden können." (S. 141).

Doch was aktiviert diese Mikrogliazellen? Scheinbar sind nebst Stress auch traumatische Kopfverletzungen dafür verantwortlich, dass unsere Immunzellen im Gehirn aktiv werden:  "Schon ein einmaliges 'moderates' Schädel-Hirn-Trauma kann eine Entzündung hervorrufen, die im Gehirn vor sich hin schwelt und noch viele Jahre später zu kognitivem Abbau, Depressionen, Affektveränderungen und Gedächtnisausfällen führen kann. [..] Das Gehirn von Menschen, die eine Gehirnerschütterung davongetragen haben, erscheint fünf Jahre älter als das chronologische Alter." (S. 226)

Nun stellt sich natürlich die Frage, wie man aufgrund dieser Erkenntnisse den Betroffenen helfen kann. Im Buch begleitet der Leser verschiedene "Schicksale", bei denen mit verschiedenen Methoden versucht wird, die von Mikroglia gekappten neuralen Schaltkreise wieder zu regenerieren. Eine der vorgestellten Methoden ist das Neurofeedback, welches bereits mehrfach erfolgreich bei der Therapie von verschiedenen psychischen Erkrankungen (z.B. posttraumatische Belastungsstörung, ADHS oder generalisierter Angsttörung) eingesetzt wird. Auch transkranielle Magnetstimulation (TMS) scheint im Gehirn dazu zu führen, dass unter- oder überaktive neuronale Schaltkreise moduliert werden können. Auch die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) zeigte in verschiedenen Experimenten gute Resultate. Doch wie kann man sich den Erfolg von Therapien erklären, wie alle gemeinsam haben, dass sie die Aktivität von Gehirnwellen beeinflussen?

"Nachdem wir nun wissen, dass Mikroglia weniger aktive Synapsen abfressen, erscheint es logisch, dass es therapeutisch wertvoll sein kann, Schaltkreise über eine technische Stimulierung der neuronalen Aktivität wieder zu stärken. [..] Wenn wir das Gehirn neu rhythmisieren, indem wir die Gehirnwellenaktivität verstärken oder abschwächen und so die ursprünglichen Schaltkreise wiederherstellen, verbessern sich die individuellen Symptome schnell." (S. 142/143)

Als Leser begleitet man Katie zu Dr. Hasan Asif, welcher ihre psychischen Probleme mit Hilfe der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) innerhalb von nur 13 Sitzungen lösen kann. Das Buch verschweigt aber auch nicht, dass es Patienten gibt, die überhaupt nicht auf TMS ansprechen. Allerdings belegen sowohl Studien als auch klinische Erfolge immer wieder, "wie sehr bestimmte Patienten mit therapieresistenten Depressionen und Angststörungen von TMS profitieren können" (S. 166)

Die Synchronisation der Gehirnaktivität auf einen natürlichen Rhythmus ist ein Behandlungsansatz. Ein weiterer zielt darauf ab, die Hyperaktivität der Mikrogliazellen zu bremsen. Wenn Mikrogliazellen nämlich aktiviert sind (also zum Feind werden), erzeugen sich entzündungsfördernde Botenstoffe, die das körperliche Schmerzempfinden der Patienten verstärken (S. 205). Deshalb versuchen Forscher die Mikrogliazellen mit aerobem Training, intermittierendem Fasten und computergestützem Gehirntraining zu "beruhigen". Zudem weiss man aus vielen hundert Studien, dass Stressbewältigungsstrategien die durch Stress verursachte Ausschüttung von entzündungsfördernden Substanzen senken. "In einer Studie von 2018 wies Mattson nach, dass Fasten die Kognition und die Stimmung verbessert, indem es die über Mikrogliazellen vermittelte Infektion unterdrückt, was wiederum die Neuronen vor Stress schützt und die Neurogenese gestattet." (S. 241) Kein Wunder, beeinflusst unser Essverhalten die Aktivität unserer Mikrogliazellen: "Zahlreiche Studien besagen, dass unerwünschte Veränderungen im Darmmikrobiom Depressionen und andere Affektstörungen im Gehirn in Gang setzen können." (S. 244)

Aber auch Stress beeinflusst unser Darmmikrobiom: "Dänische Forscher prüfen zudem, wie das Gehirn über den Vagusnerv Signale zu ungesunden Veränderungen im Marmmikrobiom erhält, was eine Vorstufe der Parkinson-Krankheit sein könnte." (S. 273)

Und was macht der interessierte Leser nun mit der Fülle an Informationen aus diesem spannenden Buch? Mir wurde wieder einmal mehr bewusst, wie wichtig eine gesunde, ausgewogene Ernährung, genügend Schlaf, Bewegung und ganz allgemein Strategien gegen den Alltagsstress sind. Eigentlich wissen wir das ja alles längst - doch es ist immer wieder faszinierend, die tieferen Zusammenhänge zu verstehen, wieso das so ist.

Mittwoch, 27. Mai 2020

Gesundmacher Herz

Der Mediziner Markus Peters schreibt in seinem sehr gut zu lesenden Buch viel Interessantes darüber, wie das Herz unseren gesamten Körper reguliert und steuert. Das Buch enthält viele gute Bilder,  Hinweise zu zusätzlicher Literatur ("zum Weiterlesen und Vertiefen") sowie auch praktische Übungen, die man gleich selber umsetzen kann. Sehr gut gefällt mir auch das "nicht-missionarische" von Peters. Gleich zu Beginn (auf S. 12) stellt er klar: "Das eine, einzig wahre Weltbild gibt es schlicht nicht!
Was will uns all das nun für das Thema dieses Buchs sagen? Die
Antwort lautet: Es gibt auf alles in dieser Welt unterschiedliche Sichtweisen
– und jede Sichtweise hat ihre Berechtigung."


Peters beschreibt die 4 Kommunikationswege zwischen Herz und Gehirn (neurale, biochemische, biophysikalische und energetische) gut verständlich und zeigt auf, dass Herz und Gehirn durchaus als gleichberechtigte Partner kommunizieren. Das Herz nimmt erwiesenermassen sogar direkten Einfluss  (mittels Herzfrequenzvariabilität) auf unser Gefühlshirn. Peters zeigt auf: "Wenn wir lernen, mithilfe der Herzfrequenz-Variabilität auf unser Herz zu „hören“, dann können wir im Weiteren auch lernen, bewusster mit unseren Emotionen umzugehen."

Auch der Chronobiologie und der Chronomedizin widmet Peters das Kapitel 4 in Form eines Gastbeitrages von Prof. Dr. Maximilian Moser. Weiter hinten im Buch zeigt dann Peters auf, dass Krankheiten oft infolge "gestörter oder unnatürlicher" Lebensryhthmen entstehen (Kapitel 11-13).

Das Buch zeigt anschaulich auf, wie sich unser vegetatives Nervensystem in "harmonische Balance" bringen lässt: "Gelingt es jedoch, die Herzfrequenz-Variabilität nachhaltig in einen regelmäßig schwingenden Zustand zu bringen, dann wird das Herz in die Lage versetzt, direkt positiv in den ganzen Körper hineinzuwirken."

Natürlich kommt auch Peters auf die Quantenphysik und Sheldrakes morphogenetische Felder zu sprechen und schreibt (S. 91): "Immer mehr renommierte Physiker (wie Hans-Peter Dürr, früherer Direktor des Max-Planck-Instituts) gehen deshalb davon aus, dass es ein solches, letztlich das gesamte Universum umspannendes und verbindendes „universales Feld“ gibt (bereits Max Planck selbst sprach in diesem Zusammenhang von einer „Matrix“).
Gibt es dieses quantenphysikalische universale Feld tatsächlich, dann stützt dies selbstverständlich die Sheldrake’sche Theorie der morphischen Felder entscheidend."

Interessant finde ich seinen Vergleich zwischen Herzdenken und Kopfdenken (ab S. 107): "Kopfdenken ist also eine weitverbreitete und oft auch durchaus erfolgreiche Planungsmethode. Sie beruht allerdings darauf, Erfahrungen aus der Vergangenheit zum alleinigen Maßstab für die Beurteilung der Zukunft zu machen. Das kann erfolgreich sein, es engt aber auch die Möglichkeiten, Zukunft frei zu gestalten, erheblich ein. [..] Das Herzdenken hingegen geht einen ganz anderen Weg. Das Herzdenken ist nicht auf die Analyse des Vergangenen ausgerichtet, sondern es denkt von der Zukunft, also vom Ziel her, das ich erreicht sehen möchte. [...] Herzdenken analysiert nicht, es synthetisiert: Es sieht Zusammenhänge – statt Vergangenes immer weiter aufzuspalten und
in seine Einzelteile zu zerlegen. [..] Verzeihen zu können setzt die Fähigkeit zum Herzdenken voraus.
Oder treffender gesagt: Es setzt voraus, dass ich das Herzdenken zulasse, dass ich von der Zukunft her denke, statt (schlechte) Erfahrungen aus der Vergangenheit in ständig wiederholtem, gedanklichem Kreisen immer neu zu bewegen und zu analysieren. [..] Wer also – dem Prinzip des Herzdenkens folgend – Gefühle der Liebe, des Verstehens, des Verzeihens aussendet, vermag damit bei sich selbst und in seiner Umgebung positive Wirkungen zu erzielen, die auf keine andere Weise entstehen könnten."

Weiter widmet Peters ein ganzes Kapitel den erstaunlichen Zusammenhängen zwischen Herz - Erde - Sonne und schreibt auf S. 131: "Sicher ist aber schon jetzt, dass unsere Gesundheit und auch unser Herz vom Erdmagnetfeld und damit von der Sonne intensiv beeinflusst werden."

Für mich neu und sehr faszinierend war Peters Aussage, dass das Blut in der frühen Embryonalentwicklung in den Blutseen der sich entwickelnden Plazenta bereits zu pulsieren beginnt, bevor das Herz als Organ überhaupt entstanden ist: "Diese sich verbindenden Blutinseln beginnen zu pulsieren – und zwar ohne jede Verbindung zum späteren Herzen (das es als Organ zu diesem Zeitpunkt ja auch noch gar nicht gibt). Und aus dem pulsierend strömenden Blut heraus bilden sich dann die ersten Gefäße. [...] Es ist also eine Tatsache, dass das sich entwickelnde Blut gleichsam „von alleine“ zu pulsieren beginnt, und dass dieses Pulsieren nicht etwa erst mit der Ausbildung und dem „Anschluss“ des Herzens an
die ersten Blutgefäße anfängt."