Samstag, 22. September 2012

Der Wissenschaftswahn

Rupert Sheldrakes neuestes Buch erschien 2012 - und ich habe es mir gleich unter den Nagel gerissen :-) (aufs Bild klicken führt wie immer in meinem Blog zu einem Anbieter des Buches mit mehr Infos)
Der Wissenschaftswahn

Schon der Klappentext gefällt mir: "Es ist ein Irrglaube der Wissenschaft, wenn sie meint, die Welt sei schon erklärt - 'es fehlten nur noch ein paar Details'. Diese Haltung ist überheblich und verkennt, dass auch naturwissenschaftliche Erkenntnisse auf Voraussetzungen beruhen. Diese sind häufig nichts anderes als reine Vermutungen und Behauptungen."

Im Vorwort stellt sich Sheldrake selber dann recht ausführlich vor und gibt auch Einblick in seine wissenschaftliche Laufbahn und seine Forschungsgebiete. So zeigt er dem Leser schon zu Beginn sehr deutlich, dass nicht "Irgendwer", sondern ein "echter Wissenschaftler" ein kritisches Buch über die Wissenschaft schreibt. Auf S. 16 kann man lesen: "Dies ist ein Buch für die Wissenschaft. Ich wünsche mir die Naturwissenschaften weniger dogmatisch und dafür wissenschaftlicher."

Anhand von 10 zentralen Glaubenssätzen der Wissenschaftler (welche diese oft ungeprüft voraussetzen) zeigt Sheldrake auf, wie "wackelig" das Fundament ist, auf dem die Wissenschaftler die Welt zu erklären versuchen. Das 10. "Dogma" lautet wie folgt: "Mechanistische Medizin ist die einzig wirksame Medizin". (S. 17). Ab S. 341 befasst sich Sheldrake mit genau dieser Frage und zeigt dabei auch die Mechanismen und Probleme der Pharmaindustrie auf, welche aus purer Wirtschaftlichkeit recht fragwürdige Methoden anwenden. Sheldrake macht auch darauf aufmerksam, dass ein Grossteil der Erfolge der Medizin im 20. Jahrhundert auf Schutzimpfungen und verbesserter Hygiene zurückzuführen sind. Ausserdem ruft er in Erinnerung, dass die Antibiotika nicht von Menschen erfunden, sondern lediglich entdeckt wurden! Er schreibt so treffend auf S. 347. "Wissenschaftler haben die Antibiotika nicht erfunden. Penicillium notatum und andere Organismen produzieren sie für ihren eigenen Bedarf. Antibiotika sind ein Geschenk der Natur."

Weiter widmet er ein ganzes Kapitel dem Placeboeffekt und zeigt auf, dass 2009 festgestellt wurde, dass der Placeboeffekt zunehme. "Bei klinischen Testreihen kommt es immer seltener vor, dass neue Medikamente besser abschneiden als Placebo" (S. 359) Auf der gleichen Seite schreibt er: "Wäre das materialistische Denken eine tragfähige Basis für die Medizin, sollte die Placeboreaktion gar nicht erst eintreten. [...] An der Placeboantwort wird deutlich, dass Gesundheit und Krankheit nicht einfach eine Sache der Physik und Chemie sind."

Natürlich widmet Sheldrake auch ein Kapitel an komplementäre und alternative Methoden: "Den meisten dieser alternativen Praktiken liegt ein nicht-materialistisches Denken zugrunde, weshalb dogmatische Materialisten nur Aberglauben und Täuschung darin erkennen können. Dennoch können alle diese Ansätze für sich in Anspruch nehmen, dass sie Menschen geheilt haben." (S. 369/370)

Sheldrake gibt zu bedenken, dass die medizinischen Fortschritte grösstenteils in der Zeit vor 1980 erzielt wurden und die Innovationsrate rückläufig sei, während die Kosten für Forschung und Behandlung steigen. Hier noch seine daraus folgende Forderung (S. 378): "Würde man das vom Staat gedeckte Monopol des Materialismus lockern, könnte sich die naturwissenschaftliche und medizinische Forschung auch der Frage widmen, welche Rolle Überzeugung, Glaube, Hoffnungen, Ängste und gesellschaftliche Faktoren für Gesundheit und Heilung spielen."

Sheldrakes neuester Wurf ist wirklich hoch spannend und für an der Wissenschaft Interessierte sehr empfehlenswert. Einziges "Malheur": Sheldrake schreibt in seinem Buch, dass das Higgs-Boson noch immer nicht entdeckt sei - ich bin sicher, dass er diese Aussage in einer Neuauflage korrigieren wird :-)


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