Donnerstag, 18. Oktober 2018

Gesundheit ist kein Zufall

Das neueste Buch von Peter Spork (http://www.peter-spork.de/103-0-Gesundheit-ist-kein-Zufall.html) bezeichnet die faz als "Eines der sechs wichtigsten Bücher der Saison" und übertreibt damit nicht :-).

Auf rund 375 Seiten erklärt Spork gut verständlich, wie das Leben unsere Gene prägt, zeigt die neuesten Erkenntnisse der Epigenetik auf und legt dar, wieso Gesundheit ein Generationenprojekt ist. Bereits in der Einleitung findet Spork eine sehr treffende Definition von Gesundheit: "Gesundheit ist die Anpassungsfähigkeit von Körper und Geist an eine sich stets wandelnde, nicht selten bedrohliche und angriffslustige Umwelt. [...] Sie ist ein Prozess, ein Kontinuum. Gesundheit ist die aktive Leistung eines Organismus." Spork liefert auf S. 65 auch gleich die derzeit gängige "Methusalem-Formel" für ein langes, gesundes Leben: "niemals rauchen, wenig Alkohol trinken, sehr regelmässig ziemlich viel bewegen, immer nur in Massen, abwechslungsreich und möglichst frische Waren essen, ausreichend schlafen, sich keinen extremen dauerhaften psychischen Belastungen aussetzen." 

Gemäss Spork steuert das Epigenom unsere Gesundheit viel stärker als die Gene, die wir von unseren Eltern geerbt haben: "Ob wir krank werden oder nicht, ob wir frühzeitig altern oder lange fit bleiben, darüber entscheidet sehr viel mehr die übergeordnete Ebene: die grösstenteils durch die wandelbare epigenetische Umgebung der DNA geprägte, bleibende Steuerung der Aktivierbarkeit der Gene in den beteiligten Zellen und Organen. Diese wirkt nicht selten auf Tausende von Genen gleichzeitig. Sie reguliert - ausgelöst durch den Lebenssil und andere Umwelteinflüsse sowie unterstützt durch generationsüberschreitende Prozesse - auf breiter Front solche Gene herauf oder herunter, die uns entweder gesund erhalten oder krank machen" (S. 70/71)

Mit zunehmendem Alter nimmt die Methylierung der DNA ab, was bedeutet, dass mehr Gene aktivierbar sind. Der kalifornische Biostatistiker Steve Horvath hat aufgrund dieser Tatsache 2011 mit Kollegen einen Speicheltest veröffentlicht, mit dem sich das Alter einer unbekannten Person auf 5 Jahre genau ermitteln lässt (epigenetische Uhr). Inzwischen hat er seinen Algorithmus auf eine Genauigkeit von 3.6 Jahren verbessert. Interessant: Bei Krebszellen stellte Horvath fest, dass ihre epigenetischen Uhren im Mittel 36 Jahre älter erscheinen, als sie tatsächlich sind. Dies zeigt, wie stark beschleunigt Krebszellen "ticken"...! (S. 88 - 92)

Das Buch beschreibt viele Studienresultate, die auf eindrückliche Art und Weise zeigen, wie unser Erbgut nicht nur während der Schwangerschaft, nach der Geburt und während den ersten Lebensmonaten, sondern auch (und das klingt jetzt fast etwas science-fiction-mässig!) bereits VOR der Empfängnis beeinflusst wird! Die Forscherin Isabelle Mansuy forscht dazu in Zürich: Sie und ihre Kollegen haben epigenetische Veränderungen traumatisierter Mäusemännchen aus deren Spermien entnommen und in Eizellen gespritzt, die zuvor von nicht-gestressten Männchen befruchtet worden waren. "Später zeigte sich: Obwohl weder beide Eltern noch die Kinder je ein Trauma erlebt hatten, verhielten sich die Kinder ähnlich wie die traumatisierten Mäusemännchen, von denen sie lediglich die RNAs geerbt hatten." (S. 149/150)

Ein weiteres Beispiel: "Unlängst fanden Forscher heraus, dass bei einer künstlichen Befruchtung bereits die Art der Nährlösung, in der der Keim in einer Petrischale auf die Einnistung vorbereitet wird, über die Zukunft des Babys mit entscheidet. Je nach Zusammensetzung der Nährlösung werden die Kinder früher oder später geboren und haben im Mittel ein unterschiedliches Geburtsgewicht." (S. 154/155)

Spork Buch zeigt auf gut verständliche Art und Weise die faszinierenden neuesten Erkenntnisse der Epigenetik auf. Für nicht so Biologieversierte gibt es ein 13-seitiges Glossar und für alle Interessierten ein ausführliches Studien- und Literaturverzeichnis ("Anmerkungen") für weitere eigene Recherchen. Das Tollste finde ich aber fast die Tatsache, dass Spork niemals "missioniert": So zeigt er im Schlusswort klar, dass auch das vermeintlich "Ungesunde" gut sein kann, wenn man sich damit belohnt (Motto: sich zwischendurch genussvoll Schokolade zu gönnen ist völlig in Ordnung). Sporks Buch zeigt sehr gut auf, dass wir durch unseren Lebensstil bestimmte Programme in unseren Zellen abrufen und so auch die Möglichkeit haben, das Optimum aus unseren genetischen Möglichkeiten zu holen.


Sonntag, 7. Oktober 2018

Übersäuerung - Mythos oder Wirklichkeit?

Übersäuerung ist ein Lieblingsthema vieler Naturheilmethoden und dahinter steht ein mächtiger Markt an Nahrungsergänzungsmitteln, die es aber eigentlich gar nicht braucht. Wären wir wirklich übersäuert, ginge es uns derart schlecht, dass wir im Spital lägen und nicht mehr in der Lage wären, uns selber mit Basenpulver zu kurieren. Von einer Übersäuerung (= metabolische Azidose) spricht man in der Schulmedizin dann, wenn der Blut-pH unter 7.35 fällt. Dieser Befund kann lebensgefährlich sein und zeigt sich in Symptomen wie beispielsweise Atemnot, Hyperventilation, Herzrhythmusstörungen und niedrigem Blutdruck.

Damit dies nicht passiert, hat unser Blut als eine wichtige Eigenschaft die Fähigkeit, den pH-Wert konstant bei 7.4 zu halten. Weicht er um mehr als 0.05 Einheiten ab, spricht man von einer Azidose (pH tiefer als 7.35), resp. einer Alkalose (pH höher als 7.45). Der pH-Wert variiert je nach Stoffwechsellage unseres Körpers und diese wiederum hängt von unserer Nahrung ab. Damit der pH-Wert trotz unserer (Fehl-)Ernährung in sehr engen Grenzen konstant bleibt, verfügt unser Blut über ein ausgeklügeltes Puffersystem:


Erklärungen dazu gibt es bei der Quelle der obigen Abbildung: http://biorama.s3-website-eu-west-1.amazonaws.com/biblio/b50chem/k06saba/saba130.htm

Betrachtet man obige Darstellung, wird einem eigentlich klar, dass wir durch Stoffwechselprozesse entstehende überschüssige "Säuren" via Niere ausscheiden, wodurch unser Urin sauer wird. Das ist also eine ganz natürliche Reaktion unseres Körpers, um unseren Blut-pH konstant zu halten. Auch via Lunge atmen wir überschüssiges Kohlendioxid ab, das im Rahmen dieser Blutpufferung anfällt (deshalb zeigen Azidose-Patienten die typische forcierte "Kussmaul-Atmung").

Was wir essen, beeinflusst natürlich via Stoffwechselprozesse die Bildung von mehr oder weniger Säuren. Diese Säuren gehen dann ins Blut, wo sie via Puffersysteme neuralisiert werden, damit der Blut pH kontant bei 7.4 bleibt. Via Blutgefässen und feinsten Kapillaren gelangen die Nährstoffe des Blutes bekanntlicherweise zu den Zellen. Da der Blut-pH dabei immer kontant bleibt, ist es mir schleierhaft, wie gleichzeitig Säuren in die Zellen oder den Interzellularraum gelangen sollen. Genau dies wird aber immer wieder propagiert und damit wir uns "entsäuern" können, sollen wir teure Basenpulver und sonstige Nahrungsergänzungsmittel kaufen. Wenn wir unser Blutpuffer-System nicht allzu arg stressen wollen, reicht es, auf eine gesunde Ernährung zu achten, genügend zu trinken und uns ausreichend zu bewegen.

Zudem frage ich mich: Wenn ich dieses teuer gekaufte Basenpulver esse, gelangt es ja als erstes in den extrem sauren Magen - da dürfte die basische Wirkung sofort neutralisiert werden, respektive dem sauren Magenmilieu eher schaden als nutzen. Unser Magen soll aber so sauer sein wie er ist, damit 1. die Nahrung desinfiziert wird und 2. Eiweisse denaturiert werden. Wenn wir da jetzt Basenpulver reinschütten, ist das doch einfach nur schade...

"Um einer metabolischen Azidose durch eine passende Prophylaxe aus dem Weg zu gehen, sollten die Risikogruppen mit einer entsprechenden Vorerkrankung täglich eine ausreichende Menge an Flüssigkeit zu sich nehmen und sich körperlich aktiv bewegen." 
Quelle: https://medlexi.de/Metabolische_Azidose
Ausserdem können wir unser Blutpuffer-System etwas schonen, wenn unsere Ernährung weniger Säure-bildende Lebensmittel (z. B. Fleisch, Käse, Milch, Eier und Süßigkeiten) beziehungsweise mehr Basen-spendende Lebensmittel (Gemüse und Obst) enthält.

Zu den im obigen Zitat erwähnten Risikogruppen zählen Diabetes-Patienten, Menschen mit Asthma bronchiale und Menschen mit Nierenfunktionsstörungen.

Im Körper gibt es übrigens noch weitere wichtige pH-Werte, die alle mehr oder weniger konstant sind: So ist z.B. die Haut leicht sauer (pH 5.4), unser Magen extrem sauer (pH 1-2) und Gallen- sowie Bauchspeicheldrüsensaft sind leicht basisch (pH ca. 8). Das Wunderbare an diesen Werten ist, dass sie unser Körper selber durch homöostatische Prozesse konstant halten kann - auch ganz ohne Basenpulver. Fazit: Obwohl es praktisch nicht möglich ist, mittels Fehlernährung in eine metabolische Azidose zu laufen (vorausgesetzt, Nieren- und Lugenfunktion sind nicht eingeschränkt) können wir unseren Körper dennoch unterstützen, indem wir viel basenbildendes Obst und Gemüse und weniger säurenbildende tierische Produkte und Süssigkeiten essen. Wenn wir Letzteres tun, reagiert unser Körper einerseits mit der vermehrten Ausscheidung der Säuren und andererseits mit der vermehrten Produktion von Cortisol. Und damit zeigt er deutlich, dass wir ihn stressen!

Einen guten Artikel zum Thema kann man hier nachlesen:
http://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/kann-der-koerper-uebersaeuern-mythos-oder-medizin-a-1095119.html


WUNDERbares Buch!

In seinem Buch "Wunder wirken Wunder"  schafft Eckart von Hirschhausen auf äusserst amüsante und unterhaltsame Art und Weise die Gratwanderung zwischen Schul- und Alternativmedizin.


http://www.hirschhausen.com/buecher/wunder-wirken-wunder.php

Das Buch liest sich sehr gut und kann problemlos als (Ferien-)Lektüre empfohlen werden. Es verfügt über amüsante Bilder, witzige Fotos und liebevolle Details (z.B. den kleinen Zauberpinguin, der sich unten rechts durchs ganze Buch bewegt und auch als "Daumenkino" animiert werden kann).

Hirschhausen schreibt zwar sehr unterhaltsam, doch was er schreibt, hat Hand und Fuss! Gleich schon zu Beginn schreibt er in seiner Einführung, dass es ihm nicht gelingen wird, den Streit zwischen Schul- und Alternativmedizin zu schlichten (obwohl dies sein anfängliches, ehrgeiziges Ziel war). "Ich bin den Streit zwischen Schul- und Alternativmedizin leid, die in endlosen Grabenkämpfen viel Energie verlieren und es dem Patientn schwermachen, sich in den verschiedenen Welten gut zurechtzufinden. Ich möchte erklären, wie mann 'wirksam' von 'unwirksam' unterscheiden kann, warum das machbar ist, aber oft nicht gemacht wird. Und ich möchte Ihnen erläutern, dass den grössten Hebel für Ihre Gesundheit Sie selbst in der Hand haben." (S. 13/14). Dies gelingt Hirschhausen vortrefflich!

In seinem Buch entlarvt Hirschhausen Philippinische Wunderheiler, zeigt auf, wie kinesiologische Muskeltests funktionieren und zieht mit einem Augenzwinkern und deutlichen Worten über Homöopathie ("Wenn man wissenschaftlich korrekt vorgeht, beruht die Wirkung der Homöopathie nicht auf spezifischen Eigenschaften der Globuli, sondern auf dem Drumherum.") und Bioresonanz her. Aber auch mit der Schulmedizin geht er hart ins Gericht und sagt klar, dass man viele unnötige Operationen und nutzlose Behandlungen anbietet, anstatt sich Zeit für ein echtes Gespräch zu nehmen.

Entspannend ist auch seine Aussage "Selbstverantwortung ist wichtig, Selbstkasteiung braucht niemand.". Er distanziert sich ganz klar von der Haltung vieler alternativen Heilmethoden, wonach wir die Verantwortung für unsere Krankheiten zu übernehmen haben: "Es gibt weder eine Krebs- noch eine Herzinfarktpersönlichkeit. [...] Der Einfluss der Psyche wurde überschätzt, und das ist eine grosse Erleichterung, die sich herumsprechen sollte." Allerdings schreibt er etwas weiter unten: "Bei einer der häufigsten Erkrankungen, den unspezifischen Rückenschmerzen, spielt in den allermeisten Fällen die Psyche eine grosse Rolle."

Ausserordentlich gut gefällt mir seine Aussage in der Mitte des Buches (S. 250): "Ein echtes Wunder wäre es, wenn wir aufhören würden, unseren Körper als Feind zu betrachten und ständig gegen etwas zu kämpfen. Gegen Falten, gegen graue Haare, gegen Kilos. Sobald wir mit der Selbstzerstörung aufhören, beginnt die Selbstheilung."

Hirschhausens Buch ist wirklich ein Wunderwerk, das man immer wieder zur Hand nehmen und in dem man immer wieder nachlesen kann. Es gibt darin auch handfeste Tips und im Alltag gut umsetzbare Ratschläge. Und letztlich ist das Buch selber auch Medizin, weil es einen immer wieder zum Lachen bringt!

Im letzten Kapitel schreibt Hirschhausen: "Der Gesundheitsmarkt ist eben keine reine Wissenschaft, sondern immer auch Unterhaltungsindustrie. Aber die 'Show' der Mediziner, ihre Fähigkeit zu spüren, was wer braucht, all das ist in den letzten 100 Jahren ignoriert worden, mit dem Ergebnis einer tiefen Krise des Vertrauens in die Wissenschaft bei gleichzeitiger Überbehandlung und Flucht in die Alternativmedizin." (S. 487)


Sonntag, 20. Mai 2018

Wasserkissen im menschlichen Körper

Unter dem Titel "Forscher sichten seltsame Wasserkissen im Körper" erschien am 14.5.2018 ein Artikel von Alan Niederer in der NZZ. Der Artikel zeigt, dass Bindegewebe eben nicht nur aus Kollagen- und Elastinfasern mit dazwischen liegenden Bindegewebszellen besteht, sondern dass es auch noch viele flüssigkeitsgefüllte Hohlräume aufweist. Dass man diese Wasserkissen bisher noch nie gesehen habe unter dem Mikroskop habe damit zu tun, dass man Bindegewebe für die mikroskopische Untersuchung mit Chemikalien fixiert und dann in dünne Scheiben schneitet, wodurch genau diese Wasserhohlräume kollabieren und deshalb nicht mehr sichtbar seien.

Quelle der Abbildung: hier

In der NZZ kann man Folgendes nachlesen: "Wie so oft in der Medizin ist der Irrtum per Zufall entdeckt worden. Ärzte vom Mount Sinai Beth Israel Hospital in New York führten bei einem Patienten eine Untersuchung des Gallengangs durch. Sie verwendeten dafür eine spezielle Art der Endoskopie (konfokale Laser-Endomikroskopie). Damit kann das Gewebe wie unter dem Mikroskop betrachtet werden – und das beim lebenden Patienten. Bei dieser Untersuchung erblickten die erfahrenen Ärzte in den tieferen Schichten des Gallengangs etwas, was sie noch nie zuvor gesehen hatten: eine Ansammlung von miteinander verbundenen Höhlen.

Um das Rätsel zu lösen, zogen sie einen Pathologen bei. Dieser fertigte aus dem Biopsiematerial Feinschnitte für die konventionelle Mikroskopie an: Das Höhlensystem war jetzt nicht mehr sichtbar. Doch mit dem Endoskopie-Befund im Kopf konnten die Wissenschafter auch im fixierten Präparat die kollabierten, zuvor flüssigkeitsgefüllten Kompartimente erkennen. Dass es sich dabei nicht um einen Einzelfall handelt, zeigten weitere Untersuchungen bei anderen Personen. Demnach ist das auf Wasser basierende Anti-Schock-System überall im Körper vorhanden – unter der Haut genauso wie entlang des Magen-Darm-Trakts oder in der Lunge."



Link zur Studie: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5869738/


Dienstag, 13. März 2018

Heilung aus der Mitte

Cover: https://exlibris.azureedge.net/covers/9783/9321/3051/9/9783932130519xl.jpg Die langjährige Chefredakeurin der deutschen naturheilkundlichen Zeitschrift "Natur und Heilen" hat verschiedene Interviews zum Thema Heilung in einem inspirierenden Buch gesammelt, welches im Juli 2017 in 4. Auflage beim Verlag Driediger erschienen ist. Die verschiedenen Interviews teilt sie in 6 Bereiche ein. Auf rund 430 Seiten kann man verschiedene Herangehensweisen und Aspekte zum Theme "Heilung" in sehr gut lesbarer Sprache kennenlernen. Zur Vertiefung führt sie verschiedene Bücher in einem Anhang an. Da die einzelnen Interviews recht kurz sind, eignet sich das Buch auch sehr gut für Zwischendurch, denn man kann sich problemlos mit jedem Interview einzeln befassen ohne den Gesamtkontext zu vermissen.

Im Buch kommen die 7 schamanischen Prinzipien der Heilung aus der Huna-Philosophie ebenso zur Sprache wie Heilung durch Tanz oder durch Kunsttherapie. So entsteht ein vielfältiges Bild des Heilungsprozesses, meist jedoch aus dem Erfahrungs- und nicht so sehr aus dem Wissenschaftshintergrund.

Was sich - auf verschiedene Art und Weise erfahren und ausgedrückt - durch das Buch hindurch zieht, kann ein Zitat auf S. 358 gut ausdrücken: "Alles ist mit allem dynamisch verbunden. Nicht in einem mechanistischen Teile-Denken, sondern erst in der Beachtung der dynamischen Interaktion des Ganzen offenbaren sich Ordnungsimpulse, die heilenden Impulse also. Nicht in einem statischen Plan, sondern in der verbindenden Bewegung selbst liegt das Geheimnis der Homöostase." Dynamik, Flexibilität, Loslassen sind also wichtige Faktoren, die zur Heilung beitragen. Die Wege, die uns aus unserer Alltäglichen Starrheit in diesen "Fluss" führen, sind vermutlich ebenso vielfältig und individuell wie wir es sind.

Für den zweiten gemeinsamen Nenner der verschiedenen "Heilwege" möchte ich gerne eine Stelle aus S. 369 zitieren: "Um sich heilen zu können, muss man die Energie im Körper durch Meditation und höhere Emotionen wie Dankbarkeit, Liebe oder Freude anheben. Zehn Minuten Dankbarkeit am Tag reichen aus, um das Immunsystem anzuregen, seine Arbeit zu vollbringen. [...] Wir sollten uns nicht darauf konzentrieren, negative Emotionen zu vermeiden, sondern vielmehr darauf, bewusst die aus dem Herzen kommenden positiven Emotionen zu pflegen: Freude, Begeisterung, Vertrauen, Wertschätzung, Dankbarkeit". Dieser Satz spricht mir sehr aus dem Herzen! Mittlerweile ist das Wissen um diese Zusammenhänge auch in der naturwissenschaftlichen Forschung etabliert: Der Zusammenhang zwischen dem Immunsystem und unseren Emotionen untersucht die Psychoneuroimmunologie.

Auch wenn aus der überwältigenden Mehrheit der verschiedenen Interviews klar wird, dass die Liebe letztendlich die stärkste heilende Kraft ist, erachte ich es doch als wichtig, dass das Buch auch konkrete Wege für diejenigen aufzeigt, die nicht "einfach so" lieben können oder Liebe erfahren dürfen.

Montag, 22. Januar 2018

Ein bewusstes Universum?


Zwei renommierte Forscher aus den USA waren heute zu Gast in Root: Der brasilianische theoretische Physiker Marcelo Gleiser und der US-amerikanische Kognitionswissenschaftler Donald Hoffman hielten je einen faszinierenden Vortrag zum Thema Bewusstsein und Kosmos. Toll an diesem Anlass war, dass beide Referenten es hervorragend verstanden, schwierige Zusammenhänge auf unterhaltsame, spannende und sehr sympathische Art und Weise zu präsentieren.

Als erster Referent sprach Marcelo Gleiser davon, wie sich unser Weltbild vom geozentrischen über das heliozentrische zum "humanzentrischen" Weltbild änderte. Er sagte auch explizit, dass man heute immer noch keine Ahnung habe, wie das Leben entstanden sei und versuchte sich mit verschiedenen (wie er zu gab nur beschränkt befriedigenden) Definitionen des Lebens. Am besten gefiel ihm (und mir) noch die folgende (von Gleiser selber stammende) Definition: "Life is a self-reproducing imbalance". Gleiser zeigte auf, dass wir alle aus Sternenstaub aufgebaut sind und demzufolge als kosmische Wesen aufgefasst werden können. Für ihn stellt sich die grosse Frage, wie aus einfachem Leben komplexes Leben und daraus intelligentes Leben wird. Er zeigte, dass die Astrobiologie 4 Zeitalter der Entwicklung kennt:
a) das physikalische Zeitalter
b) das chemische Zeitalter
c) das biologische Zeitalter (hier tritt quasi um 23.55h der Mensch auf die Bühne)
d) das kognitive Zeitalter
Quintessenz für Gleiser: Die Zukunft liegt im Humanzentrismus: Alle Menschen müssen sich vereinigen, um GEMEINSAM den Planeten Erde zu schützen und zu bewahren. Nicht die Sonne steht im Zentrum des Weltbildes, sondern wir als relativ unbedeutende Spezies in einem unvorstellbar grossen, sich expandierenden Universum müssen einsehen, dass wir selber im Zentrum stehen, wenn es um die Frage geht, wie lange unser Planet noch existiert.

Auch das zweite Referat war hervorragend: Hoffman zeigte klar auf, dass es zwar Korrelationen zwischen Gehirnaktivität und Bewusstsein gibt, doch dass wir deshalb noch lange keine Ahnung haben, WAS Bewusstsein ist und WIE das Gehirn Bewusstsein hervorruft. Seine grosse Frage: "Gibt es eine Realität ausserhalb des Bewusstseins?". Anhand vieler optischer Täuschungen zeigte Hoffman, dass wir die Realität nicht abbilden, sondern neu erstellen (recreate). Anhand von Rechnungsmodellen konnte Hoffman und sein Team zeigen, dass die Evolution nicht die beste Wahrnehmung, sondern die beste Fitness bevorzugt (Darwins "survival of the fittest" sei gegrüsst). Hoffman formuliert als Folge sein "Fitness-Beats-Truth-Theorem" (http://cogsci.uci.edu/~ddhoff/FBT-7-30-17) und folgert daraus, dass unsere Wahrnehmung nicht dafür da ist, die Realität (oder auch Wahrheit, "truth") zu sehen, sondern lediglich das darüber liegende "Interface". Anhand solcher für uns wahrnehmbaren Schnittstellen konstruieren wir unsere Realität, der jedoch eine viel komplexere und für uns nicht erfassbare Wirklichkeit zugrunde liegt (mir kommt da Platons Höhlengleichnis in den Sinn). Gemäss Hoffman werden wir die Realität, so wie sie wirklich ist, niemals erfassen können. Gemäss seinen Forschungen gibt es keinen evolutiven Druck, um die objektive Realität zu erkennen - die Kenntnis der Schnittstelle (Interface) genügt völlig!

Anschliessend an die Referate folge ein Gespräch mit den beiden Referenten und René Stettler, dem Organisator des Events. An diesem Gespräch gab es für mich v.a. zwei erwähnenswerte Punkte:

Unsere Gehirne in den letzten 20'000 Jahren um rund 10% geschrumpft! Forschungen zeigen, dass Gesellschaften mit guten Sozialsystemen Menschen mit kleineren Gehirnen hervorbringen. Was ich wusste, war, dass der Neanderthaler ein grösseres Gehirn hatte als der moderne Mensch. Es gibt auch evolutive Erklärungsmodelle, die das Aussterben des Neanderthalers damit erklären, dass durch seinen grossen Schädel die Sterblichkeitsrate bei Geburten sehr viel höher war als beim "kleiner-köpfigen" homo sapiens sapiens....

Gleiser ist davon überzeugt, dass in Zukunft Mensch und Maschine je länger je mehr zusammen wachsen (das Smartphone ist ja schon jetzt quasi ein Teil von uns....): Mit dem Smartphone sind wir omnipräsent (wir kommunizieren global und ohne zeitliche Limiten) und auch allwissend ("google weiss [fast] alles").

Ganz besonders spannend wurde es für mich aber beim anschliessenden Apéro: Ich hatte die Gelegenheit, ein persönliches Gespräch mit Prof. Hoffman zu führen. Er bestätigte meine Idee, dass letztlich alles (= die objektive Realität?) Energie ist, die in unterschiedlichen Frequenzen schwingt. Durch Resonanzen entstehen vielleicht sogar diese Schnittstellen, die uns dann weitere Interaktionen und somit das Leben ermöglichen. Hoffman hat mir auch bestätigt, dass er Rupert Sheldrake und seine Theorie der morphogenetischen Felder sehr genau kenne (Sheldrake sei ein sehr intuitiver Forscher und guter Kollege von ihm aber grottenschlecht in Mathematik, weshalb er nie ein schlaues Modell für seine Feldtheorie kriegen würde...Scheinbar haben die beiden schon in Workshops zusammen gearbeitet.). Auf meinen Einwand, dass er dies ja tun könne, grinste er nur und bestätigte, dass es ja vielleicht wirklich möglich sei, dass er an den Feldern rechne, die Sheldrake postuliere.


Freitag, 5. Januar 2018

News vom Universum

Mit dem Teleskopexperiment "Dark Energy Survey (DES)" vermessen Astronomen systematisch die Verteilung von Galaxien. Dies lässt Rückschlüsse auf die Menge an Dunkler Energie und Dunkler Materie zu. In Spektrum ist nun ein spannender Artikel zu den Ergebnissen erschienen: "Das Universum besteht zu 74 Prozent aus Dunkler Energie und zu 21 Prozent aus Dunkler Materie, während die normale, sichtbare Materie lediglich die verbliebenen 5 Prozent ausmacht."

Wieder einmal staune ich, dass wir mit der sagenhaften Kenntnis von 5 Prozent (!!!) des Universums  nur schon annähernd den Anspruch erheben, wir könnten damit alles erklären. Angesichts dieser Dimensionen ist in meinen Augen in erster Linie einmal Demut angebracht...

Der Artikel erklärt auch den Unterschied zwischen dunkler Materie und dunkler Energie: Das letztere bezieht sich auf etwas, was die Expansion des Universums beschleunigt. Dunkle Materie scheint eine anziehende Wirkung auf normale, sichtbare Materie zu haben, weshalb Atronomen auf sie schliessen. "Während sich das Universum entwickelt, lässt die Dunkle Materie einige Bereiche regelrecht verklumpen. Die Dunkle Energie hebt diese Einflüsse teilweise wieder auf, indem sie die Galaxien voneinander wegschiebt", erläutert Joshua Frieman, Direktor des DES und Astrophysiker am Fermi National Accelerator Laboratory und an der Universität Chicago. "Die gegenwärtige Materieverteilung erzählt uns also etwas von diesem kosmischen Tauziehen zwischen Dunkler Materie und Dunkler Energie."

"It's all about energy" scheint also nicht nur auf biologische Interaktionen zuzutreffen, sondern wirklich ein universelles Gesetz zu sein.

Die neuesten Messungen wurden mit den von Planck theoretisch errechneten Werten verglichen und siehe da: Es gab eine recht gute Übereinstimmung: "Planck hatte den Gesamtanteil an Materie – Dunkler sowie regulärer – zu rund 33 Prozent des heutigen Kosmos bestimmt, plus oder minus zwei bis drei Prozentpunkte. Die neuen DES-Messungen ergaben 26 Prozent, mit Fehlerbereichen, die ähnlich groß waren wie die von Planck. Als das Diagramm erschien, brach Jubel aus.[...] Statistisch gesehen widersprechen sich beide Resultate nicht. Bei den gegebenen Unsicherheiten liegen die 26 Prozent von DES und die 33 Prozent von Planck nur eine bis eineinhalb Standardabweichungen auseinander, während man in der modernen Physik einen Abstand von fünf Standardabweichungen benötigt, um von einer Entdeckung zu sprechen. Das Missverhältnis zwischen beiden Messungen sticht zwar ins Auge, aber vorerst betrachten Frieman und sein Team die Ergebnisse als übereinstimmend. Ob die Diskrepanz mit mehr Daten stärker wird oder verschwindet, wird sich mit der nächsten Analyse zeigen, die voraussichtlich die gesamten ersten drei Beobachtungsjahre abdecken wird."

Interessant ist nun, dass die (leicht) unterschiedlichen Ergebnisse von Plancks Berechnungen und den Messungen wieder die Diskussion entfachen, ob Dunkle Energie wirklich eine kosmologische Konstante ist, wie von Einstein postuliert.  Alternative Modelle gehen nämlich davon aus, dass Dunkle Energie ein sich veränderndes Feld ist. Würden die laufenden Messungen zeigen, dass dieser sogenannte w-Parameter (eben diese kosmologische Konstante) nicht fix auf -1 festgelegt werden kann (wie bisher von den Kosmologen angenommen), würde dies bedeuten, dass wir es eher mit einem dynamischen Feld von Dunkler Energie als mit einer Konstante zu tun haben. Als Biologin kommen mir da natürlich sofort auch andere dynamische Felder (z.B. Sheldrakes morphogenetische Felder) in den Sinn, die bisher nicht beweisbar sind. Ich frage mich, ob die Antwort auf die Frage, ob Dunkle Energie vielleicht doch ein dynamisches Feld ist, irgendwie mit den Fragen zusammenhängt, die Sheldrake in seinem Buch "Das schöpferische Universum" aufwirft....