Montag, 14. November 2016

Weise Gedanken zur Heilung

Für einmal möchte ich in diesem Blog meine grossartige Zwillingsschwester zu Worte kommen lassen. Sie hat sich auch zu meinem Eintrag über Yodas Buch geäussert, und ihre Gedanken zu Krankheit und Heilung sind so treffend formuliert, dass ich sie niemandem vorenthalten möchte, der sich dafür interessiert:

"Es gibt Menschen die brauchen Chemie (oder die Überzeugung Chemie zu bekommen) und andere schaffen es ganz ohne. Ich begleite viele sehr kranke Menschen im Spital. Sie alle - oder die Allermeisten von ihnen - haben Dank der Chemie auch ein bisschen an Lebensqualität zurückerhalten. Also ganz so verteufeln würde ich die Sache nicht. Es gibt immer unvernünftige und unverhältnismässige Zeitgenossen. Aber in den allermeisten Fällen hilft zumindest ein "Startup". "Wir müssen endlich damit aufhören, so zu tun, als ob andere Menschen uns gesund machen könnten." auch da bin ich nicht ganz einverstanden: Andere Menschen können uns zwar nicht gesund machen, sie können uns aber sehr wohl auf dem Weg zur Genesung helfen. Leute die ganz alleine auf sich gestellt sind, werden selten gesund. Im Krankheitsfall sind wir auf andere Menschen angewiesen und sie können tatsächlich dazu beitragen, dass wir wieder gesund werden. Auch wenn sie uns vielleicht nur einen Tipp geben, etwas in uns auslösen, das uns zum Nachdenken bringt, in einem Gespräch uns ihre Zeit schenken und uns zuhören. Uns einen Rat geben oder mit uns ihre Erfahrungen teilen. Auch das gehört meines Erachtens eben mit zur Genesung eines Menschen. Ein Radiologe hat mir kürzlich gesagt:" weisst Du, wir können die Leute ja nicht zu etwas zwingen, wir können ihnen nur raten, was wir in ihrem Fall tun würden". Ich glaube diese Art von Menschen brauchen wir um gesund zu werden. Und wenn Chemie hilft, dann würde ich es fahrlässig finden auf diese zu verzichten.
Wir alle haben es schon einmal erlebt wie langwierig und zermürbend eine Verletzung oder Krankheit sein kann. Wenn wir aber Menschen um uns haben, die uns helfen diese Zeit durchzustehen, uns unterstützen und uns Mut machen, dann werden wir wieder gesund. Insofern können uns andere Menschen doch tatsächlich gesund machen.

Es braucht gar keinen Geheimbund und es hat auch überhaupt nichts Mystisches und Spezielles an sich wenn man sich gewisser anderer Heilmethoden bedient: Sei das nun eine uralte chinesische Heilmethode, eine afrikanische, indische oder eine "neuzeitlichere" . Jeder Mensch ist, meiner Meinung nach, grundsätzlich in der Lage zu heilen. Die einen haben vielleicht einen etwas leichteren und besseren Zugang, den anderen fällt es etwas schwerer und andere trauen sich das schlicht und einfach gar nicht zu. Aber das ist doch überall so: nicht jeder wird Sänger, obschon wir alle singen können, nicht jeder wird Schriftsteller, obschon wir alle schreiben können, nicht jeder wird Marathonläufer, obschon wir alle laufen können..... Und keiner von uns ist deswegen besser als der andere, er hat einfach eine etwas andere Begabung. Das macht uns einzigartig."

Ein medizinscher Insider packt aus

Eine Studentin machte mich kürzlich voller Begeisterung auf dieses Buch aufmerksam. Da ich das Buch bisher nicht kannte, wollte ich mich natürlich sofort darüber informieren und besorgte mir ein Exemplar. Ausnahmsweise verzichte ich darauf, das Buch abzubilden und auch darauf, einen Link mit den genauen Angaben hier aufzuführen. Ich tue dies ganz bewusst! Ich empfehle das Buch niemandem zur Lektüre...

Das Buch wird unter dem Pseudonym "Prof. Dr. Peter Yoda" geschrieben. Vermutlich verbirgt sich dahinter Lothar Hirneise, welcher das Buch in seinem eigenen Verlag (Sensei) herausgegeben hat. Gemäss Angaben auf seiner Homepage ist er Psychiatriepfleger - und also keineswegs ein Prof. Dr., wie er das in seinem "Insider"-Buch behauptet. Ob Hirneise jedoch tatsächlich Prof. Dr. Yoda ist, wissen wir nicht - es spielt auch nicht wirklich eine Rolle.

Zum grossen Geheimnis der Identität des "Medizinischen Insiders" besteht das Buch auch noch aus weiteren Zutaten, die es für einen Verschwörungsroman braucht: Es ist von Geheim-Clubs die Rede, von fantastischen Erkenntnissen und von ganz viel Weltveränderndem, dass aber niemals von den "Bösen" (sprich, der Pharma, den Ärzten und ganz allgemein "dem System") akzeptiert und zugelassen wird. Yoda erwähnt auch mehrmals, wie schwerwiegende Konsequenzen sein "Schwurbruch" habe und wie er den Rest seines Lebens nun versteckt - aber in völligem Glück und im Wissen, einen wichtigen Schritt zur Rettung der Menschheit gemacht zu haben - weit weg im Ausland verbringen müsse.

Meine anfängliche Begeisterung über den sehr eingänglichen, flüssigen Schreibstil wich bald einer wachsenden Verärgerung über haltlose Behauptungen und absurde Verschwörungstheorien. Eigentlich schade, denn Yoda hat auch gute Stellen (allerdings halten sich diesbezüglich meine Markierer absolut in Grenzen!). Ganz klar unterstrichen habe ich seine Aussage "Je mehr Angst Sie haben, desto kränker werden Sie. [....] Doch den meisten Menschen ist es gar nicht klar, dass unser heutiges medizinisches System komplett auf Angst aufgebaut ist." (S. 66). Da hat er völlig recht, doch, ich frage mich, was daran Insider-Wissen ist! Er schreibt auch, dass Angst und Kapitalismus Zwillinge sind - auch da gebe ich ihm recht.

Ein guter Aspekt daraus sind die im Buch gemachten Überlegungen zum Zusammenhang von Symptom und Krankheit. Yoda beschreibt die Symptome einer Schwangerschaft (da weist er darauf hin, dass es durchaus auch Frauen gibt, die infolge von Schwangerschaft und/oder Geburt sterben), dann das Symptom Durchfall und zuletzt Symptome von Krebs. Auf S. 53 kommt Yoda zu folgendem Schluss: "Alle 3 'Krankheiten' sind eigentlich nichts anderes als 'Symptome', die in bestimmte Kategorien eingeteilt werden und je nachdem, was wir über das Symptom wissen, ist es einmal normal (Schwangerschaft), einmal 'nur' ein Symptom (Durchfall) und einmal eine Krankheit (Krebs)." 

Gefallen hat mir auch seine Aussage, dass die wichtigsten Regulatoren unseres Körpers Nahrung, Ruhe, Licht und Fieber sind (S. 37). Leider verpasst er es dann aber wieder, diese Faktoren genauer unter die Lupe zu nehmen und wettert stattdessen sofort wieder dagegen an, dass fast alle Therapien diese Reparaturmechanismen blockieren würden. Ebenfalls nicht ganz unrecht hat Yoda, wenn er auf S. 71 schreibt "Wir müssen endlich damit aufhören, so zu tun, als ob andere Menschen uns gesund machen könnten."

Es ist wohl hinfällig zu erwähnen, dass Yodas Buch über keine einzige Literaturquelle verfügt und keine einzige der genannten "hoch-brisanten" Studien in einem Register angeführt sind. Der Autor zieht sich mit der Buch-Bezeichnung "Dokumentarroman" sehr geschickt aus der Pflicht, Quellen angeben zu müssen. In grossen Zügen lebt das Buch von Behauptungen, die auf aus dem Zusammenhang gerissenen Studien aufgebaut werden und einzig ein Ziel haben: Eine weltweite System-Verschwörung zu beweisen. Doch als Konsequenz muss ich festhalten, dass ich so eine Lese nicht ernst nehmen kann - auf die Gefahr hin, dass ich jetzt auch als "System-Blinde" hingestellt werden kann....